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Bieler Tagblatt vom 30.7.2022

Im Schlosspark Nidau werden gerade die Tribüne und das Bühnenbild für «Uswandere» aufgebaut. In den letzten beiden Probenwochen wird die Truppe draussen das Auswandern üben.

Simone K. Rohner

Lange musste die Truppe mit ihrem Theaterschiff am Hafen warten – nun endlich dürfen sie ablegen und auswandern. Nach zwei Jahren Pause sind die Proben für «Uswandere», der diesjährigen Produktion im Schlosspark in Nidau, nun im vollen Gange. Zwei Drittel der Spielenden sind noch an Bord – einige der jungen Spielenden sind nicht mehr dabei, wegen Ausbildungen oder einem Auslandsjahr. Ausgewandert ist zum Glück von den Schauspielerinnen und Darstellern niemand.

Das Stück ist historisch verortet. Die Thematik ist aber aktuell und historisch zugleich. Im Laienensemble spielt sogar jemand mit, die selbst ausgewandert ist und 20 Jahre in Kalifornien gelebt hat. Eine andere Spielerin hat Vorfahren, die Anfang des 20. Jahrhunderts von Nidau nach Argentinien ausgewandert waren. Der Schauspieler Dänu Brüggemann (Fritz) hat ebenfalls einen Vorfahren, der allerdings in die Schweiz einwanderte. Und auch Schauspielerin Melanie Schütz hat einige Jahre in Deutschland und Österreich gelebt, ist somit erprobt im Auswandern.

Vielstimmiger Gesang, Tanz und ein Pferd

Jürg Fankhauser arbeitet in seinen Stücken jeweils nicht nur mit dem Schauspiel. Die Musik ist auch ein wichtiges Element – ohne, dass das Ganze ins Musiktheater hinübergleitet. Ertönen werden Schweizer und irische Klänge sowie Seemannslieder. Von Anfang an habe er für diese Produktion die Erlacher Gruppe Musique Simili im Kopf gehabt. Und glücklicherweise sagten sie zu. Das Ensemble bleibt musikalisch aber auch nicht geschont: Gesungen wird vielstimmig. Auch teilweise in sehr kleinen Formationen. «Einmal singen sie zu sechst ein vierstimmiges Lied», präzisiert der Regisseur und man sieht ihm einen gewissen Stolz an, den er für seine Truppe hegt. So haben die Laienspieler nicht nur Szenen, sondern auch Volkslieder und Seemannslieder bereits vorher eingeübt. Und Fankhauser setzt noch einen drauf: Denn, getanzt wird auch noch. Irisch und schweizerisch.

Mehr als 30 Spielende verkörpern um die 90 Rollen. Fast alle spielen mehrere Charaktere. Wer jetzt knallharte Castings im Kopf hat, der irrt. Die Gruppe fand ziemlich organisch zueinander. Teilweise hatte Fankhauser bereits beim Schreiben des Stückes bestimmte Schauspieler im Kopf. So zum Beispiel beim schleimig-netten aber knallharten Gauner Harald, der von Roland Duppenthaler gespielt wird. Auch Schauspieler Dänu Brüggemann wurde die Rolle des Kleinkriminellen Fritz auf den Leib geschrieben. «Sein Gang, die raue Stimme – das ist einfach der Fritz», so Fankhauser. Und das Pferd, das im Stück vorkommt? Das bekommt eine Spezialprobe und dann ist es bei allen Durchläufen dabei, damit es sich an alles gewöhnen kann.

Lange hat die Truppe nicht mehr Zeit – am 17. August ist es endlich soweit und das Publikum darf mitauswandern – für einen Abend.

Info: «Uswandere», 17. August bis 17. September. Tickets gibt es hier